„Gewalt gegen Frauen“ bekämpfen 

Selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben für Frauen in Niedersachsen

AWO Niedersachsen -Landesarbeitsgemeinschaft Positionspapier


Die AWO in Niedersachsen ächtet jede Form von Gewalt. Das gilt auch für Gewalt in sozialen Nahbeziehungen, insbesondere „Gewalt gegen Frauen“ in Paarbeziehungen, im sozialen Nahbereich, Stalking und Internet. Die niedersächsische AWO setzt sich daher für einen umfassenden Schutz aller Menschen insbesondere Mädchen und Frauen vor Gewalt ein. Dieser Schutz ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe. Wir fordern daher, das staatliche Hilfe- und Unterstützungssystem für von Gewalt betroffene Frauen weiter auszubauen und zu stärken und die Gesellschaft für diese Taten zu sensibilisieren. Diese Aufgaben müssen dauerhaft, ausreichend und vollumfänglich staatlich finanziert werden. Sie dürfen nicht im Status freiwilliger Leistungen und durch notwendige Eigenanteile der Träger eingeschränkt sein und der bisherige Projektstatus muss verstetigt werden.


Jährlich werden in Niedersachsen allein über 17.000 Fälle Häuslicher Gewalt polizeilich registriert, von Körperverletzung und Vergewaltigungen bis hin zu Morden. Des Weiteren muss das Thema der weiblichen Genitalverstümmelung (kurz: FGM) bei Beratungsstellen, Behörden, Polizei und ärztlichem Personal mehr in den Fokus rücken. Die Zahl der nicht gemeldeten Taten dürfte noch weit höher liegen, denn viele Taten kommen gar nicht erst zur Anzeige.
Wir müssen den Umgang mit dem Thema Gewalt gegen Frauen in sozialen Nahbeziehungen verändern. Wir wollen die Aufmerksamkeit für das Problem erhöhen und für mehr gesellschaftliche Unterstützung der Betroffenen sorgen.


Die AWO in Niedersachsen setzt sich für zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt ein. Dazu zählen:

  • Die „Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ (die sogenannte Istanbul-Konvention) muss vollständig und vorbehaltlos in Niedersachsen und ganz Deutschland umgesetzt werden.
  • Der Themenbereich „Gewalt gegen Frauen in sozialen Nahbeziehungen“  braucht eine größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Diese Gewalt ist kein individuelles, sondern ein strukturelles und gesellschaftliches Problem. Zur Lösung müssen alle beitragen. Dafür muss sensibilisiert werden. Dies ist auch ein wichtiger Beitrag zur Prävention.
  • Ein bundesweit einheitlicher und gesetzlich verankerter Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder muss eingeführt werden. Wer Hilfe braucht, muss jederzeit unabhängig von strukturellen und regionalen Unterschieden Hilfe erhalten können. Betroffene müssen einfache und niedrigschwellige Wege ohne Zugangsbeschränkungen und unabhängig von Aufenthaltsstatus, Einkommen, Wohn- oder Herkunftsort, Behinderung oder anderen Beschränkungen und ohne zeitliche Begrenzung zu Schutz erhalten. Zudem ist es wichtig, die betroffenen Mädchen und Frauen durch ein multiprofessionelles Team zu beraten und zu unterstützen, sodass die Folgen mit der Tat einhergehender Probleme (z.B. Sucht, Schulden, Probleme bei Sexualität und bei Kinderwunsch) aufgefangen werden.
  • Die Versäulung des Hilfesystems muss überwunden werden. Die Kooperation zwischen Jugendhilfe, Hilfen zur Erziehung, Schulsozialarbeit, Kitas und anderen Arbeitsbereichen muss gestärkt werden, um die Ziele schnell und umfassend zu erreichen.
  • Die Kapazitäten in Schutzeinrichtungen müssen den regionalen Bedarfen entsprechend vorgehalten werden. Wenn ein Bedarf entsteht, muss eine zeitnahe Aufnahme der Betroffenen sichergestellt sein.
  • Schutzeinrichtungen, Kriseninterventions- und Beratungsstellen müssen auskömmlich und unabhängig von der Inanspruchnahme finanziert und flächendeckend angeboten werden. Dazu sind entsprechende gesetzliche und verlässliche Regelungen zu treffen.
  • Die Schutzeinrichtungen müssen mit qualifizierten Personal in ausreichender Anzahl ausgestattet sein. Neben sozialpädagogischem, multiprofessionellem und psychologisch geschulten Personal umfasst dies auch Personal für Kinderbetreuung, Verwaltungstätigkeiten, Hauswirtschaft und Organisation.
  • Die Schutzeinrichtungen müssen räumlich dem individuellen Platzbedarf der Frauen und ihrer Kinder entsprechend und mit eigenem Sanitärbereich und mit Funktionsräumen (z.B. Kinderbetreuung) ausgestattet sein.
  • Betroffene Kinder in Frauenhäusern brauchen Unterstützung und Hilfsangebote durch qualifiziertes Personal, um Erlebtes verarbeiten und bewältigen zu können.
  • Das Umgangsrecht des Vaters darf nicht vor das Recht der Mutter auf Schutz vor Gewalt gestellt werden. Hier bedarf es mehr Schulungen an Familiengerichten.
  • Damit Aufenthalte von Frauen in Schutzeinrichtungen nicht länger als notwendig dauern, muss ein ausreichendes Angebot an bezahlbarem Wohnraum vorhanden sein.
  • Die Täterberatung muss ausreichend vorhanden sein. Besonders wichtig sind Präventionsmaßnahmen, die dazu beitragen, dass es gar nicht erst zu Taten kommt. Modellprojekte sind zu stärken.

 

Das Positionspapier der AWO Niedersachsen LAG "Gewalt gegen Frauen" bekämpfen steht in hier zum Download zur Verfügung: Positionspapier herunterladen

 

Fassung vom 20. August 2020
Positionspapier AWO Niedersachsen LAG
„Gewalt gegen Frauen“ bekämpfen -
Selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben für Frauen in Niedersachsen