AWO stimmt gegen personalkostenzentriertes Vergütungsmodell in der ambulanten Pflege

„Wir müssen weg von der Rennpflege – Ohne Verbesserung der Arbeitsbedingungen droht der Pflegenotstand“ warnt Marco Brunotte, Geschäftsführer der AWO Niedersachsen LAG.
 
Bereits jetzt ist es für Pflegebedürftige schwierig einen Pflegedienst zu finden. Die Kapazitäten der vorhandenen Dienste und ihrer Beschäftigten sind ausgereizt. Durch das aktuelle Finanzierungssystem in der ambulanten Pflege können die Gestehungskosten regelmäßig nicht refinanziert werden, weil z.B. Wege nicht verursachungsgerecht, sondern pauschal berücksichtigt werden. In der Folge erfolgt eine Arbeitsverdichtung, die dazu führt, dass die Pflegekräfte permanent unter extremem Zeitdruck arbeiten müssen. Dies hat bereits viele Kräfte zum vollständigen Ausstieg aus der Pflege gebracht.
Ein Zustand, der aus Sicht von Marco Brunotte, untragbar ist, vor allem mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen des demografischen Wandels.


Mit dem kürzlich auf Landesebene zwischen Kostenträgern und einem Teil der Leistungserbringer vereinbarten personalkostenzentrierten Vergütungsmodell werden die bestehenden Strukturen festzementiert. In dem Modell werden anhand von Personalkostentabellen Vergütungen zugewiesen, die sich an den aktuellen Vergütungen tarifgebundener bzw. an kirchliche Regelungen gebundener Träger orientieren. Diese ermöglichen jedoch keinerlei Spielraum für bessere Arbeitsbedingungen. Zudem wird in dem Modell davon ausgegangen, dass alle Dienste die gleiche von den Kostenträgern veranschlagte Anzahl an Leistungen pro Stunde erbringen, dass alle die gleichen ebenfalls kostenträgerseitig festgelegten Wegstrecken haben und mit lediglich 30 Prozent Fachkräften arbeiten können.


Aus Sicht der AWO Niedersachsen trägt eine derartige Vorgehensweise nicht dazu bei, die Pflegekräfte zu entlasten, vielmehr wird der Zeit- und Leistungsdruck weiter erhöht. 
Für Pflegedienste werden schwierige zeitaufwendige Versorgungen und weite Wege damit extrem unattraktiv. In der Folge werden sich Dienste aus bestimmten Gebieten und Versorgungsbereichen zurückziehen und für Pflegebedürftige wird es noch schwieriger einen Pflegedienst zu finden. 
Die AWO Niedersachsen hat geschlossen gegen das Modell gestimmt. Eine derartige pauschalierte und Fehlanreize schaffende Vorgehensweise in einem Bereich in dem mit Menschen gearbeitet wird, ist für die AWO Niedersachsen vollkommen inakzeptabel. 


Marco Brunotte fordert: „Wir brauchen in der ambulanten Pflege in Niedersachsen endlich ein geeintes Kalkulationsschema für das Führen von Einzelverhandlungen. Nur wenn die tatsächlichen Leistungs- und Wegezeiten in der Vergütung angesetzt werden können, können sich auch die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessern.“

 

Hannover, 08.12.2021

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